Treue Leser meiner Kolumne wissen schon, dass ich mit meinen 55 Jahren immer noch Bodybuilding-Wettbewerbe bestreite. Ich mache dies nicht seit meiner Jugend, sondern ich bin erst mit 50 Jahren eingestiegen. Ursprünglich wollte ich es „nur 1x versuchen“, ich bin aber dabei hängengeblieben. Warum?
Das hat viele Gründe. 9 Zehntel der Teilnehmer eines solchen Bewerbes sind junge Menschen Mitte 20. Das ist auch leicht erklärbar, da man in dieser Lebensspanne noch Zeit und Muße zum notwendigen aufwändigen Krafttraining mindestens 4x die Woche und zum „cardio“, also der Herz- Kreislaufbelastung durch Ausdauertraining mindestens 2x die Woche hat. Später, mit Konsolidierung im Beruf und Gründung einer Familie ist da die Zeit schon ein kostbares Gut und es nicht mehr so leicht alles dem Sport unterzuordnen.
Manche versuchen diesem Dilemma dadurch zu entgehen, dass sie versuchen ihr Hobby zu ihrem Beruf zu machen, doch das hat auch seine Tücken. Der Beruf des „Personal Trainers“ ist schlecht bezahlt, auch ist man meist selbstständig und Wegstrecken werden nicht vergütet, auch ist es immer noch so, dass dieser Beruf ein gewisses Alterslimit zu haben scheint. Wird man älter werden die Aufträge weniger, weil viele Menschen nicht begreifen, dass auch die Sportausübung oft fachmännischer Anleitung bedarf und sie daher kein Geld dafür aufwenden wollen, oder sie haben es nicht, weil man mit der Pension haushalten muss und Sportstunden auf Krankenkassenkosten durch Personal Trainer werden noch nicht vergütet.
Doch, ich schweife ab, ich wollte eigentlich über den Ablauf eines Bodybuildingbewerbes sprechen.
Dieser beginnt mit dem sogenannten Einschreiben.
Das ist das tatsächliche Erscheinen vor den Mitarbeitern des betreffenden Verbandes, die den Bewerb veranstalten. Den Termin erfährt man aus dem Internet und dort meldet man sich auch an, dies ist quasi eine vorläufige Information für den Veranstalter wieviele Athleten am Bewerb teilnehmen werden. Im Internet oder über Facebook wird auch bekanntgegeben wann und wo das Einschreiben stattfindet. Bei größeren Bewerben findet dies sogar einige Tage früher vor Ort statt mit einer letzten Möglichkeit für die später Angereisten am Abend vorher.
Beim Einschreiben überprüft der Verband, ob die im Internet gemachten Angaben über den Athleten der Wahrheit entsprechen, bei Starts in Klassen für die ein gewisses Gewicht Voraussetzung ist, wird dieses gemessen, für Klassen bei denen es nach der Größte geht, diese. Auch die Posingbekleidung wird überprüft, sodass man zumeist in Bühnenbekleidung zur Einschreibung erscheint. Allgemein wird auch überprüft, ob die Form des Athleten ausreichend für einen Bühnenauftritt ist, so kann ein „zu dicker“ Athlet, oder ein Athlet ohne bühnentaugliche Muskulatur abgewiesen werden.
Der Bewerb selbst wird dann in Klassen abgehalten, die Reihenfolge wird vorweg – ebenfalls zumeist im Internet bekanntgegeben. Oft wird auch eine Art Vorausscheidung mit einer Vorwahl getroffen, damit bei der Abendveranstaltung in jeder Klasse nur mehr die FinalistInnen – meist sechs – auf der Bühne stehen.
Wird somit eine Vorwahl veranstaltet, die zumeist um 9.00 Uhr beginnt, oder bereits einen Tag davor, kann es schon passieren, dass man am betreffenden Tag von ganz in der früh bis Mitternacht irgendwo herumsteht und im Wesentlichen auf etwas wartet. Denn der Auftritt selbst ist dann sehr rasch vorbei, man ist maximal 10 Minuten auf der Bühne.
Dies muss einem vorweg klar sein und dies ist mitunter „fad“ – und anstrengend. Anstrengend wegen des Lärms, der von der Bühne kommt und der mangelnden Privatsphäre, die aus Platzgründen meist herrscht. Die Umkleideräume sind zwar zwischen Männer und Frauen getrennt, aber niemand hält sich daran, weil man sich daran nicht halten kann. Denn männliche und weibliche AthletInnen kommen nicht alleine zum Wettkampf, sondern bringen BetreuerInnen, TrainerInnen und Familienmitglieder mit und die halten sich dann in der betreffenden Garderobe auch auf, auch, wenn sie dem anderen Geschlecht angehören. Hier darf man also nicht zimperlich sein.
Genausowenig wie beim Spraytanning. Wenn man ein solches Service gebucht hat, geht man in ein Zelt, in dem man sich nackt ausziehen muss und anschließend wird man am ganzen Körper eingesprüht, dann muss man nackt bis zu einer halben Stunde in dem Zelt stehen und die Farbe trocknen lassen. Auch hier vermischen sich aus Platzgründen die Geschlechter ziemlich bald. Wobei dies einerlei ist, sowohl für den, der sprüht, als auch den/die Athletin selbst ist das wie bei einem Arzt, man ist halt nackt, aber niemand denkt sich etwas dabei. Anders geht es eben nicht. Ich habe noch niemals in diesem Zusammenhang von sexuellen Übergriffen gehört, jeder ist nur mit seinem Auftritt beschäftigt.
Insgesamt ist das zwischenmenschliche Klima bei diesen Bewerben sehr sehr gut. Man spürt keine Konkurrenz, man wird als alter Mensch nicht als „lächerlich“ empfunden, sondern als dringend benötigtes Vorbild für das eigene Leben. Der Kontakt mit der Jugend und insgesamt mit Freunden und Freundinnen, die man über die Jahre in der „Szene“ gefunden hat und die man meist nur bei den Bewerben trifft, tut sehr gut und ist von Wertschätzung und gegenseitiger Unterstützung getragen.
Jeder/Jede würde beispielsweise beim Färben des Rückens behilflich sein, wenn man kein Spraytanning gebucht hat und alleine ist.
Es ist ein sympathisches Durcheinander von am Boden sitzenden Jugendlichen, die aus Tuppergeschirren „Ihre letzte Mahlzeit“ vor dem Auftritt, oder nachher essen, von Athleten, die sich gegenseitig Posingtipps geben, oder Selfies machen, die anschließend fleissig gepostet werden.
Insgesamt sind diese Bewerbe anstrengend, aber – zumindest für mich – emotional absolut der Mühe wert!
Vielleicht probieren Sie es auch einmal?
Wie immer stehe ich Ihnen mit großer Freude für allfällige Fragen unter sonjafiala@gmx.at zur Verfügung.
Herzlichst Ihre Ele Pline/Sonja Fiala